Varianz, ROI und Sample Size bei SnG und DoN

Wir gehen in diesem Artikel näher auf die erwarteten Schwankungen des ROI bei Sit and Go’s und Double or Nothing Turnieren und deren Auswirkungen auf das Bankroll Management ein. Dazu haben wir Simulationen mit grossen Stichprobengrössen durchgeführt. Diese basieren auf einem Excel-Sheet, welches im englischsprachigen 2+2 Forum in diesem Thread geposted wurde.

Von Varianz wird bei Pokerspielern ja insbesondere gesprochen, wenn es schlecht läuft oder man sich „in einem Downswing“ befindet. Mathematisch betrachtet ist Varianz ein Mass für die Messung der Streuung von Resultaten. Wir gehen auf das anhand von Beispielen näher ein und messen die Grösse der Standardabweichung (das ist die Quadartwurzel der Varianz) anhand von Simulationen. Für interessierte Leser empfehlen wir vorab das Lesen des Poker-Strategieartikels „Definition Varianz“). Schauen wir uns als Einstieg folgendes an:

Wahrscheinlichkeit, als Winning Player mit 5% ROI 1000 Turniere (SnG und DoN) mit Verlust zu beenden

Die untenstehende Grafik gibt ein erstes Bild davon, wie gross die Sample Size (Grösse der Stichprobe) bei SnG und DoN-Turnieren sein muss, bis man verlässliche Aussagen zum eigenen Spiel machen kann: Ein guter Spieler, der 1000 SnGs spielt und dessen tatsächlicher (oder wahrer) ROI 5% beträgt, wird zu 16% Wahrscheinlichkeit diese 1000 Turniere ohne Gewinn abschliessen. Zu 2.2% Wahrscheinlichkeit, wird diese lange Session sogar mit einem Verlust von 40 oder mehr Buy-Ins beenden werden. Ein DoN-Grinder mit eigentlich 5% ROI wird 1000 Double or Nothing-Turniere zu 4.7% ohne Gewinn beenden.

1000-turniere-verlust-varianz

Obwohl der Erwartungswert (Durchschnitt) je 1000-Spiele Session ein plus von 50 Buy-Ins (5% ROI) sein sollte, ist es dennoch möglich, die Session mit Verlust abzuschliessen. Die Schwankungen bei DoN sind geringer, weil mehr Plätze ausbezahlt werden und die einzelnen Plätze gleich viel Gewinn erbringen – man ist weniger auf „Glück“ angewiesen, seinen fairen Anteil an In the Money-Platzierungen zu erreichen.

Simulationen zur Berechnung des ROI und der Varianz

Im Folgenden gehen wir auf die Resultate auf Simulationen ein, mit welchen wir die Schwankungen der Ergebnisse von Sit and Go’s und Double or Nothing/Heads-Up Turnieren besser verstehen können. Wir gehen jeweils von einem SnG Spieler aus, der einen effektiven ROI von 5.0% haben müsste. Seine Wahrscheinlichkeit, pro Spiel Erster zu werden, ist 12.5%; den zweiten Platz erreicht er zu 10.0% und den dritten Platz zu 11.5%. Im Durchschnitt schafft er es also von 100 SnGs 34 Mal ins Geld und er sollte entsprechend einen effektiven ROI von 5.0% erreichen.

Als Einstieg schauen wir uns die Verteilung der Resultate dieses SnG-Pokerspielers an, wenn er 30’000 Mal jeweils 1’000 Sit’n Go’s spielen würde. Dies ergibt in der Summe 30 Millionen Turniere, deren Resultate simuliert wurden: 1000-sng-simulation-roi

Wir sehen, dass die Resultate einer Normalverteilung (Gauss’sche Glockenkurve) folgen. Aus dem Artikel zur Varianz wissen wir, dass eine Standardabweichung um den Mittelwert von 5.0% 68.3% aller Resultate umfasst. Die Standardabweichung bei dieser Simulation mit 1’000 SnG’s beträgt 5.1%. Man kann also sagen, dass wenn dieser Pokerspieler (der eigentlich 5.0% ROI erzielen sollte) 1000 SnG’s spielt, zu 68.3% einen ROI zwischen -0.1% und +10.1% erzielen wird. Das verdeutlicht die grossen Schwankungen, die man als SnG-Spieler erlebt. Zu 31.7% wird er ausserhalb dieses Bandes liegen, er wird also rund jedes sechste Set zu 1’000 SnGs mit einer Rendite von über 10.1% und rund jedes sechste Set mit einem Verlust beenden.

Simulation Varianz und ROI bei Sit and Go’s

Schauen wir uns nun die Wahrscheinlichkeitsverteilungen an, wenn der obige Spieler entweder 30’000 Sets zu 500 SnGs, zu 2’000 SnGs oder zu 5’000 SnGs spielt:

sng-roi-varianz-simulation

Je grösser die Stichprobe, desto näher sind die Resultate um den tatsächlichen ROI von 5.0% verteilt. Selbst bei 2’000 gespielten SnG’s wird es immer noch 9 von 100 Spielern passieren, dass sie keinen Gewinn oder sogar einen Verlust erzielen. Es ist deswegen für SnG-Spieler enorm wichtig, nebst dem Lernen von Poker-Strategien dem Bankroll-Management grosse Beachtung zu schenken (insbesondere, rechtzeitig abzusteigen, wenn die Bankroll durch ein Downswing geschmälert wurde). Unsere Empfehlungen zum BRM können dazu hilfreich sein.

Für interessierte Leser haben wir noch die Standardabweichungen in einer Tabelle zusammengestellt (σ ist die Abkürzung für Standardabweichung):

tabelle-varianz-sng

Simulation Varianz und ROI bei Double or Nothing’s und Heads-Up SnG’s

Die Varianz und entsprechend die Standardabweichung bei DoN und HU-Turnieren ist deutlich geringer als bei SnG’s, da die Auszahlung je erreichtem Platz gleich hoch ist und die Wahrscheinlichkeit, ins Geld zu kommen, bei rund 50% liegt.

In unseren Simulationen sind wir wiederum von einem Pokerspieler ausgegangen, der 5.0% ROI erzielt. Um dies zu erreichen, sind wir von einer Wahrscheinlichkeit für eine Platzierung im Geld von 57.75% ausgegangen. Hier das Resultat unserer Simulationen von jeweils 30’000 Sets zu 500, 2’000 und 5’000 Double or Noting/Heads-Up Turnieren: don-roi-varianz-simulation

Die in unseren Simulationen entstandenen Standardabweichungen für DoN/Head-Up sehen wie folgt aus:

tabelle-varianz-don

Zusammenfassung Simulationen der Varianz bei SnG und DoN

Wir haben gesehen, dass die Sample Size vor allem bei Sit and Go’s extrem gross sein muss, um verlässliche Aussagen treffen zu können, ob man wirklich ein Winning Player ist oder ob man einfach Glück hatte (das umgekehrte gilt natürlich auch – man kann gut Verlust in 1’000 SnG’s machen, obwohl man eigentlich Winning Player wäre). Es ist nicht möglich, eine Empfehlung abzugeben, ab welcher Sample Size der gemessene ROI aussagekräftig ist. Was man aber sagen kann ist

  • dass je grösser die Sample Size ist, desto wahrscheinlicher es ist, dass der gemessene ROI dem tatsächlichen ROI nahe kommt
  • dass die benötigte Sample Size bei SnG’s massiv grösser als bei DoN’s / Heads-Up sein muss, um eine verlässliche Aussage machen zu können, ob der gemessene ROI annährend im der Nähe des tatsächlichen ROIs liegt (das Resultat von 2’000 SnG’s ist etwa gleich aussagekräftig wie das Ergebnis von 600 DoN’s)

Tipp: Diese Aussagen mögen etwas ernüchternd sein, bilden aber das ab, was Poker-Profis schon lange empirisch festgestellt haben: Die Varianz bei Turnieren ist enorm gross, und da hilft nur etwas dagegen: Sehr viel mehr zu pokern! Ein Pokerraum, bei dem es genügend Traffic hat und bei dem das Spielniveau der Spieler fischig ist (die wenigsten dort werden einen Artikel wie diesen je gelesen haben), ist Lucky Ace Poker –  probier es doch selbst  aus.