Im Online Poker spielen Tells, also Rückschlüsse aus dem Verhalten der Gegner auf deren Handstärke, eine weniger grosse Rolle als beim live Poker. Dennoch können diese Tells bei knappen Entscheidungen manchmal den Ausschlag geben, z.B. ob man eine Bet am River callt oder ob man foldet.
Jedem ambitionierten Pokerspieler ist zum Thema „Tells und Reads“ das Lesen des Klassikers von Mike Caro’s Book of Poker Tells wärmstes empfohlen. Die wichtigste Quintessenz aus dem Buch ist: „Stärke bedeutet Schwäche, Schwäche bedeutet Stärke“. Das Buch geht nicht nur auf die Körpersprache, sondern auch auf die psychologischen Aspekte des Pokerspiels ein und eignet sich deswegen auch gut für Online Pokerspieler.
Tells und Reverse Tells
Grundsätzlich können Tells immer von beiden Seiten verwendet werden: Der Gegner wird versuchen, durch Tells Rückschlüsse auf die eigene Handstärke zu ziehen. Man selbst versucht durch eigene Tells, den Gegner zu täuschen. Eine solche Täuschung wird als Reverse Tell bezeichnet. Das ist tückisch: Man kann sich nie hundertprozentig auf Tells verlassen. Ein schlauer Regular kann sich online „Hausfrau37“ nennen und als Avatar ein Bild von einem Baby verwenden – die meisten Spieler würden diesen Gegner als Freizeitspieler einstufen, der keine grossen Ambitionen hat und mehr aus Spass denn aus Geldgier spielt.
Wir besprechen nun die wichtigsten fünf Kategorien von Online Tells und geben Tipps, was man dadurch über die Gegnertypen am Pokertisch lernen kann.
Nickname Tells
Da jeder in der Wahl seines Nicknames völlig frei ist, ist es schwierig, wirklich brauchbare Informationen daraus abzuleiten. Dennoch lassen sich gewisse Rückschlüsse ziehen:
„L33T“ und verfremdete Begriffe: Gegner, bei denen Zahlen anstelle von Buchstaben im Nick erscheinen (z.B. statt „Elite“ „L33T“ oder statt „POKER“ „P0K3R“) oder Wörter verfremden („Pokah Playa“ statt „Poker Player“) sind in der Regel sehr junge Spieler. Junge Spieler sind oftmals tight-aggressive multitabling Regs. Vorsicht also, wenn ein solcher Spieler aus früher Position einen Preflop Raise macht – oft lässt sich seine Handrange auf AA-JJ und AK und AQs eingrenzen. Flop Bets von solchen Gegner sind oft Continuation Bets. Hat man Position und eine gute Hand oder einen guten Draw, kann man solche Bets callen und schauen, wie der Reg am Turn agiert.
Poker-Begriffe: Nicks mit Pokerbegriffen wie z.B. „I_reraise_U“ oder „The 3better“ lassen auf fortgeschrittene Spieler schliessen. Oft sind dies Regs, die schon länger online Poker spielen, mit Gewinn multitablen und Accounts bei mehreren Pokerseiten haben. Ähnlich wie die obere Kategorie ist es vorteilhaft, diesen Spielern aus dem Weg zu gehen und ihren Preflop-Raises (sofern diese nicht aus den Blind-Steal-Positionen erfolgen) Respekt zu zollen.
Reverse Tells im Zusammenhang mit Nicknames: Oftmals sind Nicks mit Pokerbegriffen Reverse Tells: Ein Spieler, der sich „Dont_steal_my_blind“ nennt, kann einer sein, der seine Blinds gegen Raises überdurchschnittlich oft foldet. Ein Spieler, der „TheBluffer“ heisst, ist oftmals ein Rock, der nicht mit „Luft“ setzt. Und wer sich „AnyCard-Caller“ nennt, ist wohl eher ein tighter Spieler, während ein „Calling-5TATI0n“ fast sicher ein TAG ist.
Avatar Tells
Bei einigen Pokerräumen kann der Avatar, also das Bild des Spielers, welches für die Gegner am Tisch sichtbar ist, verändert werden. Spieler, welche sich die Zeit nehmen, einen Avatar hochzuladen, spielen gerne (aber nicht unbedingt erfolgreich) online Poker. Es ist ihr Hobby und der Avatar ist Teil ihrer Selbstdarstellung im Netz. Gegner mit personalisiertem Avatar sind in der Regel schwächer als Gegner ohne Avatar.
Häufig verwendete Avatars sind:
Babies oder Haustiere (Hunde, Katzen): Dahinter verbergen sich mehrheitlich Hausfrauen, welche nur ab und zu und nicht für längere Zeit tagsüber online pokern. Sie spielen in der Regel um geringe Einsätze und sind vorsichtige, passive Spieler. Eine aggressive Spielweise (inklusive Semi-Bluffs und Continuation Bets) ist hier eine empfehlenswerte Strategie. Wenn ein „Baby“ setzt, dann ist dies ein Hinweis auf eine starke (aber keine extrem starke – diese würde eher slowgeplayed werden) Hand.
Autos: Solche Gegner sind in der Regel jung und männlich. Der Drang zur Selbstdarstellung und Testosteron scheinen bei diesen Gegnern eine wichtige Rolle zu spielen – daher sind es meist loose-aggressive Gegner, die viel bluffen und einen Hang zum Maniac-Spielstil haben. Mit guten Händen sollte man bis zum Showdown mitgehen.
Portraits: Wer ein eigenes Bild von sich einstellt, hat ein grosses Ego. Entsprechend sind diese Spieler tilt-anfällig und narzisstisch veranlagt. Wie die Auto-Freaks spielen sie zu viele Hände und häufig zu aggressiv. Wer ein Bild eines bekannten Poker Profis einstellt, hat sich hingegen eingehend mit Poker befasst. Oft ähnelt der Spielstil des Gegners demjenigen des Poker Profis – ein Phil Ivey wird eher ein unberechenbarer Spieler sein, während ein Dan Harrington-Fan eher einen tighten Spielertyp, welcher einfacher zu durchschauen sein wird, verkörpern wird.
Tipp: Verwende selbst keine Avatar, damit Du keine Informationen über Dich preisgibst. Zudem wird es für die Gegner so schwieriger sein, Dich am Tisch wiederzuerkennen und sich korrekt auf Deine Spielweise einzustellen.
Timing Tells
Timing Tells, also die Zeitdauer, bis ein Gegner seine Aktion durchführt, gehören zu den verlässlichsten Online Tells.
Instant Check: Der Spieler hat fast sicher bei der Pokersoftware bereits bevor er an der Reihe war die Box „check / fold to any bet“ angeklickt. Wahrscheinlich ist es ein Multitabler, der so Zeit gewinnt, um seine Aufmerksamkeit anderen Tischen zuzuwenden. Er wird fast sicher eine sehr schwache Hand halten und der Meinung sein, dass seine Hand deutlich hinten liegt. Dieses Verhalten kann man sich auf zwei Arten zu Nutze machen:
1) Insta-check am Flop: Man sollte auf jeden Fall am Turn eine Bet machen, wenn er zu einem checkt oder er Position auf einem hat. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass der Gegner folden wird
2) Zukünftige Hände: Man sollte sich eine Spielernotiz machen und zukünftig aggressiver gegen diesen Gegner vorgehen, d.h. mehr Continuation Bets machen, mehr Blinds stealen und mehr Semi-Bluffs (setzen, wenn man eine Drawing Hand hat) durchführen
Umgekehrt kann man versuchen, mit sehr starken Händen in früher Position am Flop sofort zu checken in der Hoffnung, dass ein Gegner mit einer schwachen Hand einen Bluff versuchen wird.
Instant Raise oder Re-Raise: Dies deutet fast immer auf eine sehr starke Hand hin: Der Gegner hat auf die Bet gewartet, um gleich erhöhen zu können. Warum er das macht, ist in den meisten Fällen klar: Weil er der Überzeugung ist, dass er die Nuts hält. Diesen Move kann man sich gegen Regs zu Nutze machen, etwa wenn man im Big Blind sitzt und der Reg von einer Steal-Position wie dem Button einen 3BB-Raise macht. Ein sofortiges All-In kann hier abschreckend wirken und den Blindstealer häufiger zum folden verleiten.
Instant call: Wenn ein Spieler einen Einsatz sofort callt, dann hat er voraussichtlich eine mittelstarke Hand oder einen Draw, und die Bet war tief genug, dass sich für ihn ein mitgehen lohnte.
Lange Pause, gefolgt von einem Bet oder Raise: Dies deutet oftmals auf eine sehr starke Hand hin. Der Gegner versucht einem den Eindruck zu vermitteln, dass er sich sehr unsicher mit seiner Handstärke ist und deswegen lange überlegen muss. Getreu dem Motto von Mike Caro „Schwäche bedeutet Stärke“ kann man hier oft mittelstarke Hände guten Gewissens folden. Natürlich sollte diese Information nur als weiterer Mosaikstein für die Beurteilung der Situation dienen – es könnte schliesslich auch sein, dass der Spieler einfach kurz an einem anderen Tisch abgelenkt war oder sich in der Küche etwas zu trinken holte.
Chat Tells
Teilnahme am Chat: Generell bedeutet die Nutzung der Chat-Fuktionalität, dass ein Spieler Zeit hat, zu chatten. Dies lässt darauf schliessen, dass dieser Spieler wenige oder nur einen Tisch gleichzeitig spielt und ihm dabei langweilig ist. Chatter sind häufig Hobby-Pokerspieler und mit grosser Sicherheit keine Winning Regular Players.
Anzeichen von Tilt: Den im Chatfenster geäusserten Tilt gibt es tatsächlich. Wenn ein Gegner Pech hatte und anschliessend den Chat vollspammt mit bösen Ausdrücken, dann wird er emotional aufgewühlt sein und nicht mehr sein bestes Spiel spielen. Spieler auf tilt spielen oft zu viele Hände und zu aggressiv, da sie ihre Verluste so wettzumachen glauben oder weil sie es dem Gegner, dem sie unterlegen waren, heimzahlen wollen.
Tipp: Die Nachteile (Ablenkung) durch das Nutzen des Chats, auch wenn dies nur im Lesen der Nachrichten besteht, überwiegen die Vorteile (Reads auf die Gegner) für Multitabler: Chat-Funktion am Besten gleich ausschalten.
Chip Tells
Grösse des Stacks: Bei Multi Table Tournaments mit Rebuy oder Add-On macht es fast immer Sinn, dieses unverzüglich zu tätigen. Dies, weil die gekauften Chips meistens günstiger als die Anfangs-Chips zu haben sind (oder es mehr Chips für gleich viel Geld gibt). Spieler, die gleich zu Beginn Rebuys tätigen, sind in der Regel überdurchschnittlich starke Spieler, welche auch nicht auf „Scared Money“ sitzen.
Abweichende Höhe des Einsatzes: Die Höhe der Einsätze sind ein wichtiger Tell. Generell ist es so, dass wenn ein Spieler von seiner üblichen Bet-Höhe abweicht, die Situation speziell ist. Es gibt z.B. Spieler, die SnG’s mit Blinds 50/100 immer Bets von 3BB machen. Wenn sie nun plötzlich nur 200 Chips setzen, dann könnte es sein, dass sie eine sehr starke Hand (AA oder KK) halten und sich mindestens einen Caller wünschen.
Ungewöhnlich hoher Einsatz: Manchmal erlebt man, dass insbesondere Anfänger ungewöhnlich grosse oder sehr kleine Einsätze tätigen. Ein Bet von dreimal dem Pot ist ungewöhnlich hoch – leider kann dies vieles bedeuten. Es kann heissen, dass der Gegner eine sehr starke Hand hält (grosser Bet = starke Hand). Es kann aber auch heissen, dass der Gegner sich (zu stark) mit seinem Top Pair gegen Draws schützen will. Dann gibt es noch Spieler, die Bluffs mit grossen Einsätzen durchführen (grosser Bet = höhere Fold Equity). Hier ist es wichtig, das Spiel der Gegner zu beobachten und sich Notes dazu zu machen.
Ungewöhnlich geringer Einsatz: Ein sehr geringer Einsatz, insbesondere am River, kann zwei (leider gegensätzliche) Dinge bedeuten. Entweder der Gegner versucht es nach einem gebusteten Draw mit einem letzten verzweifelten Bluff (bei dem er nicht zu viele Chips verlieren will), oder er verfügt über eine sehr starke Hand und tätigt einen Einsatz, den man aufgrund der Höhe praktisch mit allen Karten callen muss. Hier spricht man von einer „Sucking Bet“. Aufgrund der gegensätzlichen Möglichkeiten ist es schwierig, eine Empfehlung zu geben. Ist die Bet aber sehr klein (1/4 des Pots oder geringer), sollte man sie in der Regel callen. Ein Fold macht aufgrund der Pot Odds wenig Sinn (ausser man hält selbst wirklich nur „Air“). Ein Raise ist auch keine gute Alternative, da man dadurch in der Regel die schwächeren Hände zum folden bringt und man nur durch stärkere Hände gecallt wird: Man kann mit einem Raise also kaum Chips gewinnen, jedoch viele Chips verlieren.
Zusammenfassung Online Tells
Wir haben in diesem Strategie-Artikel gelernt, welche fünf grundsätzlichen Kategorien an online Tells (Nickname, Avatar, Timing, Chat, Chips) es gibt, welche Ausprägungen diese haben können und wie man diese Tells zum eigenen Vorteil nutzen kann. Grundsätzlich sollten diese Tells – wie im Artikel schon angedeutet – mit Vorsicht genossen werden. Sie können einem aber bei grenzwertigen als Entscheidungshilfe dienen.
Eine weniger grenzwertige Entscheidung ist, ob man bei der Neuanmeldung zu einem Pokerraum einen Bonus Code verwenden soll oder nicht: Die Antwort lautet ganz klar ja, denn man sichert sich so einen grösseren Bonus. Hier findest Du eine Liste mit aktuellen Promo- und Bonus Codes.
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